„Raus aus dem Keller“: 14 Schüler auf Schatzsuche in alten Elektrogeräten
Jeder der 12 Schülerinnen und 2 Schüler der Edith-Stein-Realschule aus Alzenau, der bei dem Schulprojekt der Fraunhofer-Projektgruppe IWKS an diesem sonnigen Sommertag mitmachte, hatte natürlich zumindest ein altes Handy, Tablet oder sonstiges Elektrogerät in der Schublade. Eine pure Verschwendung von kritischen Rohstoffen, wie sie alle an diesem Tag erfuhren.
Anlässlich der Landesgartenschau und im Rahmen ihrer Präsenz im Energiepark bot die Fraunhofer-Projektgruppe IWKS ein ganz besonderes Schulprojekt an: Gemeinsam mit Forschern konnten die Jugendlichen selbst auf Schatzsuche gehen und lernen, wie wertvolle Rohstoffe aus alten Elektrogeräten zurückgewonnen werden.
Ihre Lehrerin Susanne Thoma hatte das Schulprojekt für ihre 8. Klasse aus ganz bestimmten Gründen ausgewählt: Neben der Sensibilisierung für einen verantwortungsvollen Umgang mit kritischen Ressourcen wollte sie bei dem sprachlichen Zug der Klasse technische Neugier wecken: „Mir ist wichtig, dass vor allem auch die Mädchen aus nichttechnischen Zweigen die Scheu vor technischen Geräten verlieren, sich trauen, da mal reinzuschauen, sich das Innenleben anzusehen und selbst aktiv zu werden. Das Projekt kann helfen, Hemmschwellen abzubauen und Wissbegier zu wecken. Man muss nicht immer gleich nach einem Mann rufen“, betonte Thoma.
Treffpunkt war der Informations-Pavillon der Projektgruppe auf der Landesgartenschau. Bevor die Schüler selbst aktiv wurden, erklärten ihnen Adriana Sanz Mirabal, Dr. Lars Zeggel und Thilo Brämer, die das Schulprojekt gemeinsam entwickelt hatten, welche Aufgaben die Projektgruppe IWKS hat und warum ihre Arbeit so wichtig ist: für die Umwelt, für die Wirtschaft und für die Zukunft. Durch die anschaulichen Ausführungen wurde ihnen schnell klar, dass gewisse Rohstoffe endlich sind und es höchste Zeit ist, im Kleinen und im Großen mit unseren natürlichen Ressourcen zu haushalten.
Theorie bleibt Theorie und deshalb war das Projekt so angelegt, dass die Schüler selbst Hand anlegen konnten. Sie sollten sehen, wie viele wichtige und auch kritische Rohstoffe sich in Handyleichen und Co verbergen und dass es möglich ist sie zu recyceln. In kleine Gruppen eingeteilt und mit Hammer, Schraubenzieher, Zange, Imbus, Schutzbrille und Handschuh versehen zerlegten sie unter fachkundiger Anleitung die mitgebrachten Elektroaltgeräte. Handys, Telefone, Drucker, Laptop, Rechner, Toaster und Ventilator fielen dem Unternehmungsgeist der Jugendlichen zum Opfer. Es hämmerte in allen Ecken. „Ich wollte schon immer mal Elektrogeräte auseinandernehmen, das macht richtig Spaß und es ist toll zu sehen, was da alles drinsteckt“, begeisterte sich die 14-jährige Katharina. Kristin fügte hinzu: „Das Thema Recycling interessiert mich bei diesem Projekt ganz besonders, da es so wichtig ist wegen der wertvollen Elemente, die z.B. in den Handys stecken.“
Nachdem die Elektrogeräte zerlegt worden waren, wurden die einzelnen Materialien freigelegt und getrennt. Mit Hilfe der Röntgenfluoreszenzanalyse wurden sie auf ihre Zusammensetzung untersucht. Die Schüler fanden Kupfer, Aluminium, Gold, Titan, Zinn, Eisen … Erstaunt stellten sie fest, dass sich in ihren Proben rund 20 von den 92 natürlich vorkommenden Elementen befanden, rund ein Fünftel. Und dies in nicht geringer Menge!
Bei der anschließenden Rohstoffdiskussion wurde ihnen bewusst, dass hochwertige Industriegüter wie zum Beispiel in der Elektronik hochwertige Elemente benötigen, diese jedoch limitiert sind, und dass in Folge eine gesicherte Rohstoffversorgung für die Produktion von diesen Gütern speziell für Deutschland relevant ist, letztlich jedoch alle Menschen betrifft. Das Thema Recycling und Substitution von kritischen Rohstoffen erschien ihnen von einmal von besonderer Brisanz. „Und was können wir tun?“ war die einhellige Frage. Die Antwort stieß vielleicht nicht auf einhellige Freude, aber auf großes Verständnis: Sparsam umgehen mit den Ressourcen, weniger verbrauchen, zum Beispiel das Handy oder den Laptop nicht unbedingt alle zwei Jahre gegen ein neueres Modell tauschen. Tauschen und sich (ver)leihen aber schon. Die mittlerweile verbreitete Plattform „pumpipumpe“, über die man die unterschiedlichsten Konsumgüter leihen und verleihen kann, fanden die Jugendlichen „klasse“. Und dass sie den Elektroschrott ab jetzt sinnvoll entsorgen, stand für sie fest.
Am Ende waren die Handys und Co. in ihre Einzelteile zerlegt, aber so wesentlich nützlicher als sie es in der Schublade je sein könnten – wie die Schüler selbst bemerkten. Durch das Projekt sei ihnen so richtig bewusst geworden, wie unbedarft sie vorher mit Elektroaltgeräten umgegangen seien, wie sinnvoll und einfach es eigentlich ist, sich ressourcenschonend zu verhalten, und wie wichtig es ist, seinen Teil dazu beizutragen. Und, wer weiß, vielleicht wurde durch das Projekt der eine oder anderen zukünftige Wissenschaftler rekrutiert.